Identitätsarchitektur:
Die strukturelle Dynamik der Identität
Was macht die Identität eines Menschen aus?
Häufig werden darunter feststehende Persönlichkeitsmerkmale oder der „Charakter“ verstanden, als ob Identität etwas Starres wäre. Im Ansatz der Identity Architecture (Identitätsarchitektur) nach Be Mervellous geht die Betrachtung jedoch weit über oberflächliche Charakterzüge hinaus.
Identität wird hier als mehrschichtiges Gefüge verstanden, das innere Spannungsfelder, Beziehungs- und Bindungsstile, Ambitionen, sowie Selbstwertgefühl umfasst und in einer strukturellen Gesamtschau betrachtet werden kann. Anstatt ein unveränderliches Wesen, ist Identität eine Musterkomposition aus verschiedenen Ebenen, die sich dynamisch entwickelt.
Im Folgenden werden vier zentrale Perspektiven dieses Ansatzes beleuchtet:
Die karmische Achse der Mondknoten: Herkunft und Richtung der Seele
In der karmischen Astrologie bilden die Mondknoten – nördlicher und südlicher Mondknoten, in der vedischen Tradition Rahu und Ketu genannt – eine Achse, die Hinweise auf Ursprung und Ziel der seelischen Entwicklung gibt. Der südliche Mondknoten (Ketu) symbolisiert vereinfacht gesagt die karmische Vergangenheit, das mitgebrachte Gepäck der Seele, während der nördliche Mondknoten (Rahu) die Zukunft und Lernaufgaben anzeigt. Rahu steht für das Entwicklungsziel, die Qualitäten, in die man hineinwachsen soll, das Seelenversprechen vor der Inkarnation, das Dharma und Ketu für vertraute Muster und Talente, die man aus früheren Erfahrungen mitbringt. Diese karmische Achse verleiht der Identität eine zeitliche Tiefendimension: Sie zeigt, woher wir kommen und wohin wir uns entwickeln sollen. Die Rede ist hier von einem Karmadepot von insgesamt sieben bis neun Leben.
Wichtig ist, dass die bereits vorhandenen Fähigkeiten und Ressourcen des Südknotens nicht als gemütliche Komfortzone missverstanden werden. Sie sind kein Vorwand für Stillstand, sondern vielmehr das Startkapital für Wachstum. Stillstand im System ist gleichbedeutend mit Totsein. Werden die mit Ketu verknüpften Talente bewusst in die Richtung des Nordknotens gelenkt, verwandeln sie sich in echte Kompetenzen und so entsteht Fortschritt, ohne dass man seine Identität „brechen“ muss, sondern indem man sie weiterentwickelt.
Die Mondknoten-Achse macht also deutlich, dass Identität kein statisches Selbstbild ist, sondern eine Entwicklungskurve: Alte Muster dürfen losgelassen und in neues Verhalten überführt werden, während die Seele ihrem roten Faden folgt und sich in ihrer Evolution weiter entwickelt.
Die Architektur von KA–BA–RA: Körper, Bewusstsein und Seele
Ein zentrales Strukturmodell der Identitätsarchitektur bei Be Mervellous ist das KA–BA–RA-Framework™. Es basiert auf der altägyptischen und buddhistisch-tibetischen Seelenlehre und unterteilt die Identität in drei Ebenen. Bereits im Alten Ägypten unterschied man drei Aspekte des Seelischen im Menschen: Ka, Ba und Ra.
Der Ka repräsentierte die Lebenskraft – eine bewegende Energie, die den Körper durchdringt – und der Ba einen Seelenaspekt, der als Bewusstsein oder Persönlichkeit verstanden werden kann und eine eigene Beweglichkeit besitzt. Aufbauend auf diesem alten Wissen definiert das KA–BA–RA-Modell die Ebenen der Identität folgendermaßen:
KA steht für die bewegende Energie, den Antrieb und die vitale Kraft in uns, sowie vor allem der Körper und die Ansammlung der DNA, den wir von unseren Vorfahren in uns tragen. Mit und durch den KA-Körper werden Eindrücke, Schmerzen und Erinnerungen von der körperlichen DNA-Linie und der letzte karmische Eindruck übertragen, so dass die unterbewussten, impulsiven Handlungen oder Gewohnheiten mit dem KA direkt in Verbindung stehen.
BA steht für die gewachsene Substanz, also die Summe unserer Erfahrungen, Prägungen und unseres Bewusstseins, das, was sich weiter entwickelt und sich erinnert, erweitert und verschiedene Rollen spielt. Wenn wir von Bewusstseinserweiterung sprechen, meinen wir damit gleichzeitig, dass sich unser BA weiter entwickelt.
RA schließlich steht für die klare Richtung, die höhere Ausrichtung oder göttliche Verbindung, die unserem Leben Sinn und Orientierung gibt.
Durch diese Dreiteilung wird Identität als grundlegende, strukturelle Architektur verstehbar.
Körperliche Vitalität und emotionale Energie (KA) bilden das Fundament. Darauf aufbauend entwickelt sich die Persönlichkeit mit ihren Mustern und Erkenntnissen (BA) als tragende Substanz. Gekrönt wird das Ganze von der Ausrichtungs-Ebene (RA), die Vision, Berufung und Wertorientierung beinhaltet.
Alle drei Ebenen sind miteinander verschränkt. Entscheidungen und Entwicklungen einer Person können entlang dieser Ebenen betrachtet werden, um ihre Tragfähigkeit und innere Stimmigkeit zu prüfen. Diese ganzheitliche Architektur verdeutlicht, dass wahre Identität mehr ist als eine Rolle oder Eigenschaft: sie ist ein System aus Energie, Bewusstsein und Sinn, das sich stetig formt.
Identität als dynamisches Muster statt fixes „Wesen“
Die genannten Perspektiven führen zu einem gemeinsamen Verständnis: Identität ist nicht unveränderlich, sondern ein dynamisches Ganzes, das stets Veränderungen unterliegt. Menschliche Identität setzt sich aus Mustern auf verschiedenen Ebenen zusammen – aus Spannungsfeldern zwischen Bedürfnissen, aus Beziehungsmustern, aus individuellen Zielsetzungen und aus Selbstbewertungen – und all diese Komponenten stehen in Wechselwirkung.
Statt „Ich bin halt so“ zu sagen, lohnt der Blick auf die innere Architektur: Was hat mich denn “so” gemacht, wie ich bin? Welche Muster prägen mein Verhalten und Fühlen? Wo bestehen innere Widersprüche oder Spannungen zwischen z.B. Bindungsbedürfnis und Autonomiestreben, zwischen Ambition und Angst zu scheitern, zwischen dem Wunsch nach Zugehörigkeit und dem Drang nach individueller Entfaltung?
Identität zeigt sich in der Art, wie diese Spannungen ausbalanciert werden und wie wir auf verschiedenen Ebenen darauf reagieren.
Die astrologische Symbolik spiegelt diese Mehrschichtigkeit wider. So repräsentiert z.B. der Deszendent (DC) im Horoskop die Art und Weise, wie wir Beziehungen eingehen und unsere “Spiegel", unsere Erwartungen, unseren Kooperationsstil und Bindungsmuster. Die Knotenachse wiederum repräsentiert unsere Entwicklungsrichtung. Betrachtet man beide zusammen, wird deutlich, ob Bindung und Entwicklung zusammenpassen, ob also unsere Beziehungsmuster mit unserem Wachstumspfad im Einklang sind.
Ähnlich ließe sich für andere Bereiche argumentieren: Karriereambition und Selbstwert etwa spiegeln sich in Indikatoren wie dem Medium Coeli (MC) und dem zweiten Haus wider; sie zeigen, ob beruflicher Antrieb und innerer Wert im Gleichgewicht sind. Identität als Musterkomposition zu begreifen bedeutet, solche Zusammenhänge zu erkennen. Das eröffnet die Möglichkeit, gezielt an den Mustern zu arbeiten, anstatt das Selbstbild als starre Gegebenheit hinzunehmen. Es unterstreicht zudem die Entwicklungsfähigkeit der Identität: Weil sie aus formbaren Mustern besteht, kann Veränderung stattfinden, ohne die eigene Authentizität zu verlieren – vergleichbar mit einer architektonischen Renovierung, bei der das Fundament bleibt, aber Räume umgestaltet werden.
„Ich bin halt so“ – Ein Abwehrmechanismus gegen Entwicklung
Vor diesem Hintergrund wird ersichtlich, warum die Aussage „Ich bin halt so“ problematisch ist. Oft wird sie genutzt, um unangenehme Verhaltensweisen oder festgefahrene Gewohnheiten zu rechtfertigen. Doch in den meisten Fällen ist dieses „So bin ich eben“ ein Totschlag-Argument, das verhindern soll, sich mit den eigenen Themen auseinanderzusetzen. Anstatt die eigene Identität als lebendige Architektur zu begreifen, die im Umbau begriffen ist, zementiert dieser Satz ein statisches Selbstbild. Psychologisch betrachtet handelt es sich um einen Abwehrmechanismus: Aus Angst vor Veränderung oder aus Bequemlichkeit wird jegliche Aufforderung zum Wachstum abgeblockt, indem man die Unveränderbarkeit der eigenen Person betont.
Die vorherigen Abschnitte haben jedoch gezeigt, dass wahre Identität nicht in Stein gemeißelt ist. Sowohl die karmische Achse der Mondknoten als auch das KA–BA–RA-Modell und die Idee der Identität als Mustergefüge machen deutlich, dass Potenzial zur Entwicklung immer vorhanden ist. Wer etwa erkennt, dass bestimmte Verhaltensmuster aus dem „Südknoten“ der eigenen Vergangenheit stammen, kann diese als Lernaufgabe begreifen und sich auf den „Nordknoten“-Weg machen, anstatt zu sagen „Ich war schon immer so“. Ein statisches „Ich bin“ wird damit zu einem dynamischen „Ich werde“ umgedeutet. Der erste Schritt ist Ehrlichkeit sich selbst gegenüber: die Bereitschaft, in den sprichwörtlichen Spiegel der Seele zu schauen und Verantwortung für die eigene Weiterentwicklung zu übernehmen, anstatt Ausflüchte zu suchen.
Fazit: Strukturierte Identität als Weg der Entfaltung
Die Identity Architecture nach Be Mervellous verdeutlicht, dass Identität am besten als strukturell, dynamisch und entwicklungsfähig verstanden wird. Es geht nicht darum, ein „wahres Selbst“ als unveränderlichen Kern zu finden, sondern die eigene Zusammensetzung aus Energien, Erfahrungen und Ausrichtungen zu erkennen. Wahre Identität zeigt sich gerade in diesem bewussten Umgang mit den eigenen Mustern – in der Fähigkeit, innere Spannungen produktiv zu nutzen, Beziehungen im Einklang mit dem eigenen Weg zu gestalten und immer wieder neue Facetten des Selbst zu entfalten. Dieses Verständnis verbindet psychologische Tiefe (Selbsterkenntnis und Schattenarbeit), astrologisches Wissen (Symbole für Anlagen und Aufgaben) und spirituelle Weisheit (die Ahnung einer Seelenentwicklung über das einzelne Leben hinaus) zu einem ganzheitlichen Blick.
Letztlich lädt die Betrachtung der Identitätsarchitektur dazu ein, die Haltung „So bin ich nun mal“ hinter sich zu lassen. Stattdessen kann man sich fragen: Wie ist mein inneres „Bauwerk“ beschaffen und wo liegen die Wachstumspotenziale? Indem wir Identität als lebendiges System von Bausteinen und Spannungsfeldern begreifen, öffnen wir die Tür zu bewusster Weiterentwicklung. Jede Anpassung, jedes neu integrierte Erlebnis kann die Architektur stabiler, höher und weitläufiger machen. Auf diesem Weg gilt: Selbstreflexion und strukturierte Analyse der eigenen Identität sind der Schlüssel, um das eigene Potenzial freizulegen und authentisch zu leben.
Zur ausführlichen Identitätsanalyse → Vocation Map
Lies weiter:
→ The Gap
